Götemitz.

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Ich schreibe Dir hier in  Henriette Herz [Schließen] Jettens Stube zu der ich gegangen bin, um mir den Brief auf den Du mich hinwiesest, mittheilen zu lassen. Ach ich wußte es eigentlich schon, und bin jezt schon viel ruhiger als zuvor, meine Phantasie hat schon manche schreckliche Möglichkeit durchgegangen – Was Jetten und mir sehr beruhigend ist, ist  korr. v. Hg. aus: dasdaß es von oben komt und Deine Reise.

Deinen ersten Brief in welchem Du von der Möglichkeit sprachst, hatte ich  Sophie Schlichtkrull  [Schließen] Sophien und   Luise von Willich  [Schließen] Louisen ganz zu lesen gegeben sie theilten meine Unruhe. Jezt bin ich etwas unwahr in dem ich mich ihnen ganz ruhig zeige und ihnen nur die Worte Deines Briefes,  korr. v. Hg. aus: dasdaß Alles wohl ganz unnöthig sein möchte mitgetheilt habe, für sie ist die Sache also ganz beendigt.

Vgl. Brief 2791, 135 – 151 an Henriette von Willich, es handelt sich um den Brief *2784 an Henriette Herz.

 Vgl. Brief 2791, 14 – 32. [Schließen]  Wie viel Freude hast Du mir durch Deinen lieben herrlichen Brief gemacht! Aber ein wenig empfindlich bin ich im Ernst daß Du mir da meine Dankbarkeit so heruntermachst, worin Du ganz Recht hättest wenn ich sie so gemeint wie Du es nimmst. Auch erinnere ich mich gar nicht gesagt zu haben, ich empfände viel Dankbarkeit für Dich, sondern daß sie eben aufgegangen sei in der einen ganzen Liebe in welcher uns nun Alles gemeinschaftlich sei. Mein Ernst ich habe auch nie geglaubt  korr. v. Hg. aus: dasdaß Du mir etwas verborgen und  korr. v. Hg. aus: daßdaß in Deinem Wesen etwas ausgerechnetes gewesen – ich ahnte immer wie es in Dir sei, und immer nach dem was Du mir sagst, das Rechte. In den Augenblicken wo Dein Wesen mir wircklich Liebe sprach entwicklete sie sich auch in mir, und so war es mir in jedem Augenblick in meinem | 20v Herzen war immer der reine Wiederklang zu dem Deinen. Und so wird es immer sein – o mein Ernst ich bin recht seelig! Ja wohl wird Ehrenfried immer mit uns leben, in uns wie oft werde ich durch Dich an ihn erinnert und auch ohne ihn bestimmt zu denken wie ist er immer im Grunde meines Herzens der theure unvergeßliche Mann! ich bin auch nun schon ganz ruhig darüber  korr. v. Hg. aus: dasdaß ich mich gehn lassen darf in meiner Freude, mir ist ganz wohl bis auf die Unruhe ob das schöne herrliche Leben auch könne getrübt werden – Ist denn zu hoffen daß unmittelbar nach solchen Stürmen sich ein ruhiges sicheres Glück wird bauen lassen? Mein lieber Ernst ein Gedanke war mir ganz fürchterlich so grausend  korr. v. Hg. aus: dasdaß ich es fast nicht aushalten konnte zu denken Du könnest die Hand dazu bieten, konnte mir gar nicht vorstellen, nachdem das geschehen sein würde, wie wir hätten froh und ruhig leben können. Jezt glaube ich gewiß daß das nicht sein soll, und fühle mich sehr getröstet.

 Vgl. ihre langen Anmerkungen zur Erziehung von Henriette Pauline Marianne von Willich im Brief 2803, 52 – 108. [Schließen]Mit Henrietten ist es viel besser zu meiner großen Freude als wie ich das vorigte Mahl Dir schrieb, sie war gewiß unwohl ich hüte sie jezt wie meinen Augapfel um jeden Ausbruch der Heftigkeit zuvor zukommen. Welch ein Trost mir  Henriette Herz [Schließen] Jette ist,  korr. v. Hg. aus: dasdaß ich mit ihr über Alles reden kann, kann ich Dir nicht beschreiben.  Vgl. Brief 2791, 114 – 117. [Schließen] Aber wie kannst Du mich so roth machen schon vom Nahmen reden? Lieber süßer Mann ich habe nichts gegen Alles was Du willst – Dein lieber Brief hat mir so wohl gethan, und so gerührt! wie entstehen nun die lieblichsten Bilder von allen schönen Verhältnissen in meiner Seele – Herzenslieber Mann lebe wohl.

Ich kann Dir nicht verhehlen  korr. v. Hg. aus: dasdaß ich erschrecklich eifersüchtig bin auf die Küsse von  Der Bezug ließ sich nicht auflösen, möglicherweise wird auf etwas angespielt, was Schleiermacher Henriette Herz schrieb.  [Schließen]d. K. die nicht so kühl waren wie die lezten. | 21

Einen lieben guten Morgen mein Ernst – und recht herzliche Grüße von Willich. Wie freue ich mich auf Morgen ich habe gewiß einen Brief von Dir, welch ein Fest! ach könnte er etwas beruhigendes enthalten, aber ich wüßte nicht wie. Vgl. Brief 2803. [Schließen] Ich habe mir viel Unruhe gemacht über meinen lezten Brief, wüßte ich doch erst  korr. v. Hg. aus: dasdaß er sicher in Deine Hände gekommen. Schreibe um Gottes willen immer recht vorsichtig.  Jette hat Dir gewiß gesagt oder wird es noch thun daß unsere theure  Charlotte von Kathen [Schließen] Lotte wieder so trübe, so ungewöhnlich traurig war – die unglückliche Lotte und sie ist so gar nicht zu trösten, die Harmonie ihres Daseins ist doch ganz untergraben so lange wie sie mit solchem Manne lebt. Schreibe doch bald ein paar Worte an Sophie Du wirst sie dadurch sehr erquickken, ich schikke Dir bald was für Deine Schwester  Charlotte Schleiermacher [Schließen] Lotte . Mein Ernst Freude und Besorgniß sind recht neben einander in mir, verhehle mir nur nie etwas was Dich angeht. Du weißt ja ich bin stark. Wäre  Henriette Pauline Marianne von Willich [Schließen] Jettchen nur bald wieder anders, sie verstimmt mich oft recht, und ebenso bin ich oft unmuthig  korr. v. Hg. aus: dasdaß ich im Leben mit den Kindern doch so gar nicht das erreichen kann was ich mir vorgesezt, so weit hinter meinem Ideal zurükbleibe, bei aller Liebe und bei aller Anstrengung, das eigentlich unthätige Leben das ich den ganzen Tag führen muß | 21v wird mir eigentlich schwer, mir kann der Kopf zulezt so wüst und dumpf werden wie es sich nicht beschreiben läßt. Ich habe aber nun eben auch eine schwere Zeit gehabt wie sie sonst nicht ist: Die Krankheit des  Ehrenfried von Willich (d.J.) [Schließen] Kleinen der immer auf war, aber schrecklich verdrießlich und immer auf meinem Arm, dazu die Erndte die im Hause so viel Arbeit und tolle Wirthschaft giebt und ich selbst nicht recht frisch. Sonst im Ganzen denke es Dir nur recht hübsch mit den Kinderchens und mir und nicht als ob ich irgend worüber klagen wollte. Lebe wohl Lieber, sage, bist Du mir auch recht recht gut? Denke Dir nur Alles liebe von mir was ich Dir thun möchte wäre ich bei Dir.

Deine Jette.

Viele Grüße an  Anne (Nanny) Schleiermacher  [Schließen] Nanny von uns Allen

Zitierhinweis

2809: Von Henriette von Willich. Götemitz, wohl um den 29. 8. 1808, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0006638 (Stand: 26.7.2022)

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